Tickets für den Schweizer Spitzenfussball gibt es in den Stadien der Super League künftig nur noch, wenn diese auf eine ID registriert werden. Bei der Fanarbeit des FC St.Gallen – und auch bei den Mitgliedern des Espenblocks – stösst die Ankündigung auf deutliche Ablehnung.
Die Ankündigung der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD), die diesen Entschluss am vergangenen Freitag fällte, erhält erwartungsgemäss wenig Zustimmung in den Fankreisen der Schweizer Clubs.
«Repressive Verschärfung unter Deckmantel der Pandemie»
Die Fanarbeit des FC St.Gallen nimmt via ihrer Webseite Stellung zum Entschluss der KKJPD. In der Mitteilung wird insbesondere kritisiert, dass unter dem Deckmantel der Pandemie-Massnahmen neue, repressive Verschärfungen beschlossen würden. Weiter heisst es:
«Der Eindruck, dass die «Gunst der Stunde» nach den negativen Vorfällen in den letzten Wochen genutzt werden wollte, lässt sich kaum entkräften. Gleichzeitig sei aber auch darauf hingewiesen, dass hinter den Kulissen wohl schon seit Monaten an weiteren Verschärfungen gearbeitet worden ist. Dass die ersten Vorkommnisse nach der grossflächigen Öffnung der Fussballstadien in der Schweiz als Anlass für radikale Verschärfungen genommen werden, zeugt von wenig Vertrauen in den Weg des Dialogs. Die überwiegend positiven Kommentare über die stimmungsvolle Rückkehr der Fans in die Stadien scheinen vergessen.»
Mit den «negativen Vorfällen der letzten Wochen» sind unter anderem die Vorkommnisse im Zürcher Letzigrund, wo Anhänger des FCZ und GC für Krawalle sorgten und die Pyroattacken von St.Galler Ultras gegenüber Sicherheitskräften rund um das Spiel gegen Luzern gemeint.
Führt die Massnahme zu einem Publikumsrückgang?
Weiter erachtet die Fanarbeit St.Gallen die beschlossene Verschärfung als «zum Scheitern verurteilt». Politischer Aktionismus habe selten nachhaltigen Erfolg und die mit der Massnahme verbundenen Risiken stünden in keinem Verhältnis zu der erhofften Wirkung. Präzisieren will die Fanarbeit St.Gallen die Aussagen auf Anfrage von FM1Today nicht.
Mit Risiken ist aber wohl insbesondere gemeint, dass Fans auf den Matchbesuch verzichten könnten, wenn sie nur gegen Vorzeigen ihrer Identitätskarte ins Stadion dürfen. Mit dieser Reaktion haben die Ultras andernorts in der Schweiz bereits einmal Erfolg gehabt. In Sion beschlossen Kanton und Stadt im Sommer die ID-Pflicht für den Stadioneinlass. Weil die Zuschauerzahlen anschliessend deutlich sanken, ruderte man zurück. Sion-Präsident Christian Constantin forderte die Aufhebung der Massnahme von der Walliser Regierung, welche dieser nachkam.
FCSG will noch nichts sagen
Der FC St.Gallen will zur Thematik noch keine Stellungnahme abgeben. «Zum einen ist dieser Entscheid nicht definitiv, zum anderen führen wir die Diskussion darüber nicht öffentlich», sagt Mediensprecher David Gadze gegenüber FM1Today. Es gebe noch offene Fragen und man werde sich demnächst mit allen Anspruchsgruppen zum Thema austauschen, so Gadze.
Espenblock protestierte bereits gegen Lausanne
Eine Stellungnahme seitens der St.Galler Fanvereinigungen steht ebenfalls noch aus, der Dachverband 1879 reagierte am Montag nicht auf eine Anfrage von FM1Today. Was die Mitglieder des Espenblocks aber von den personalisierten Tickets halten, ist ohnehin klar: Bereits am Sonntag, beim Spiel gegen Lausanne, tat die St.Galler Fankurve ihren Unmut mit einer deutlichen Botschaft kund. Zu Spielbeginn hielten die Anhänger Transparente in die Höhe, mit denen sie auf den Versuch in Sitten und dessen Erfolglosigkeit Bezug nahmen. «NEI zu personalisierte Tickets!», war weiter zu lesen.
Schweizweit Ablehnung in den Fankurven
Zudem veröffentlichten die Fankurven der Super-League-Clubs bereits im Sommer eine gemeinsame Stellungnahme, in der sie personalisierte Tickets deutlich ablehnten. Die Diskussion war bereits bei der Einführung des Covid-Zertifikats entbrannt, welches ebenfalls nur in Kombination mit der Identitätskarte gültig ist. Zwar würden die Corona-Massnahmen befürwortet, aber: «Die Bekämpfung der Pandemie darf nicht für Repressalien gegen Fankurven missbraucht werden. Sobald die Pandemie als beendet gilt, müssen auch die letzten Auflagen fallen gelassen werden», hiess es im Statement.
Ob die Pandemie zu Beginn der kommenden Saison 2022/2023 als beendet gilt, ist fraglich. Dass es eine Ausweispflicht in den Schweizer Fussballstadien geben wird, ist hingegen ziemlich sicher. Auch wenn der formelle Entscheid über die ID-Pflicht von der jeweiligen Bewilligungsbehörde gefällt werden muss – der Antrag der Kantonsregierungen wurde einstimmig angenommen.
Quelle: FM1 Today (Nico Conzett)